Ein freundliches Nein

Brief 19

Dir sind die Pflichten kurz mal zu viel?

Wir alle kennen das. Also jedenfalls die meisten Menschen, denen ich so begegne: Wir wollen „gefallen“. Wir wollen „gemocht“ werden. Wir wollen „lieb und artig“ sein. Und dazu gehört dann scheinbar diese manchmal unerträgliche Selbstverständlichkeit, mit der wir uns immer mehr Gedöns aufladen lassen. Von anderen. Weil wir nett sind. Und ja sagen.

Aber was passiert eigentlich, wenn man auch mal ein klares NEIN sagt?

Heute geht es bei uns beiden mal um das Zauberwörtchen Nein. Ja, genau. Dieses kleine, so einfache Wort, das uns manchmal wie ein riesiger Flatschen auf der Zunge liegt. Denn ja, ich geb es zu: Mir selbst fällt es auch nicht immer leicht. Aber weißt du was? Nein sagen ist wie ein Mini-Workout für dein Gehirn. Und für deine Seele. Früher war es für mich schwieriger als heute. Was bedeutet, dass man im Nein sagen geübter werden kann.

Denn manchmal ist es einfach zu viel. Ab und an gibt es Momente, da wäre „noch eine Sache“ oben auf den ganzen Berg packen, den man gerade zu bewältigen hat, einfach ein Auslöser für das totale Zusammenkullern vom ganzen Gedöns. Und ich hab gemerkt, dass ich den Augenblick kurz vor diesem inneren Palumpeln durchaus bemerken kann. Und muss. Denn sonst bekommt der Tag eine, nennen wir es mal, ungünstige Wendung. Und glaub mir, ich will keinen Palumpel-Tag.

Ich hab gelernt, dann SOFORT die Reißleine zu ziehen. Mich rauszunehmen. Das geht auch höflich.  Aber nur „davor“. Es ist leichter, Nein zu sagen, wenn man noch nicht an der Palumpelgrenze angekommen ist. Bevor ich merke, dass die Grenze näher rückt, stell ich mir vor, dass ein Nein wie ein unsichtbarer Regenschirm ist, der mich vor unnötigen Verpflichtungen schützt. Elegant und total praktisch.

Natürlich ist er schön bunt. Aber die Farben sehe nur ich. Und die erinnern mich daran, dass ein Nein sanft sein kann. Klar, bestimmt und auch manchmal ein bisschen lustig. Nein sagen heißt nicht, dass du unfreundlich bist oder andere enttäuschst. Es heißt schlicht: Ich achte auf mich. Ich spüre, was mir guttut und was nicht. Stell dir vor, du würdest ständig alle Wünsche und Erwartungen anderer in dich reinlassen, ohne Luft zu holen. Irgendwann quietscht das System und das will ja niemand, oder?

Forscher der Neurowissenschaften haben herausgefunden, dass unser Gehirn beim Setzen von Grenzen aktiv bestimmte Areale nutzt, die für Selbstkontrolle und Entscheidungsfindung zuständig sind. Diese Areale helfen uns, Entscheidungen klar zu treffen und unser Wohlbefinden zu steuern.

Mit jedem Nein trainierst du diese Bereiche ein bisschen. Es ist, als würdest du deinem Kopf sagen:

„Hallo!!! Ich passe auf mich auf!“

Und ich kann berichten, das gibt ein überraschend gutes, inneres Gefühl.

Man lernt sich selbst durchaus dabei besser kennen. Ich bemerke, seitdem ich auch zum Trommler manchmal Nein sag, dass das Gegenüber das meistens auch gar nicht übel nimmt. Wenn man klar sagt „Das ist mir jetzt nix.“, heißt das ja auch nicht, dass man das, was der andere von einem wollte, „niemals“ machen wird. Manchmal passt halt „jetzt gleich“ nicht immer. Aber das ist in einer Gesellschaft, in der scheinbar alles immer schneller und sofort gemacht wird, ein wenig kniffelig.

Wie schön, dass es meist nur darauf ankommt, „wie“ man Nein sagt. Da kann man experimentieren.  Sie es doch einfach mal genau so. Als kleines Experiment: Sag heute einmal bewusst Nein zu etwas, das du eigentlich gar nicht tun willst. Beobachte, wie sich dein Körper anfühlt.

Atmet dein Gehirn auf?

Spürst du eine kleine innere Erleichterung?

 

Die Forschung sagt: Ja, genau das passiert. Grenzen zu setzen, aktiviert nicht nur die Selbstkontrolle, sondern auch das Belohnungssystem im Gehirn. Das kleine, unscheinbare Wort Nein wird so zu einem echten Chaka für dein Wohlbefinden.

Heute wünsche ich dir also ein Nein, das dich schützt, ein Ja, das dich stärkt und ein kleines, heimliches Lächeln, das dich begleitet, während du deine Grenzen absteckst. Und vergiss nicht, so plump es auch klingt: jedes Nein, das du sagst, ist ein Ja zu dir selbst.

Bis zum nächsten Mal.

Ich drück dich,

Deine Jeanine

Wie sagt man NEIN?

Hier klicken…

Stell dir einen bunten Regenschirm vor.

_______________

Spanne ihn freundlich auf, bevor du palumpelst!

Du hast Lust darauf, mir auf diesen Brief zu antworten?

Prima!!

Hier kannst du mir deine Gedanken gerne senden…

Ich antworte, so schnell ich kann 🙂