Probier es trotzdem
Brief 20
Schaffe ich das wirklich?
Diese Frage stellt man sich ja schon mal ab und an. Sicherlich ist das auf der einen Seite eine gute Frage. Sie schenkt uns eine Selbstreflexion und macht uns bewusst, wie weit wir unsere eigenen Kapazitäten so einschätzen. Auf der anderen Seite kann uns dieses kleine „Werde ich das hinkriegen?“ im Hinterkopf auch lähmen. Vor allem, wenn wir es zu oft denken.
Ich sag’s dir, ich kenne das nur zu gut. Auch ich zweifle manchmal, ob ich das Gedöns, das ich mir so vornehme, auch wirklich anpacken kann. Ich hab in mir für diese Fälle einen prima Selbstsabotagegedankengang etabliert. Hat lange gedauert, aber jetzt ist er drin. Es ist ein saloppes:
„Trotzdem“
Ich erlaube mir, sobald ich merke, wie mein Gehirn leise an dieser Grenze zwischen „ich kann“ und „ich schaffe nicht“ schmirgelt, eine bunt glitzernde Möglichkeit: Ich probier’s einfach.
Was auch immer es ist… beim Joggen einfach doch noch bis zum Baum ein paar Meter weiter rennen, beim spanisch lernen auch mal ein zweites Wort am Tag dazu nehmen oder auf der Bühne dem Publikum mitteilen, dass sie sichtbar sind.
Du meine Güte… da schlägt mein Herz immer wie wild!!! Meist mach ich das, wenn wir im Sommer ja auch mal auf den Kurmuschelbühnen der Ostseebäder dieser Welt spielen. Das ist dann ja nicht so richtig ein „Konzert“ im Sinne von: alle sitzen artig da und sind gekommen, weil sie UNS hören wollen. Da hast du echt meist 80% Kartoffelkläuse vor dir, die da nur durch Zufall gelandet sind, von Guter Laune per se noch nie was gehört haben, denen nach dem Strandtag langweilig war, von der Uschi zum Konzert vor die Kurmuschel geschleppt wurden, um sich jetzt irgendein philosophisches Gelaber von der Harfe spielenden Hippimaus da vorne anzuhören.
Wenn ich dann sag, dass sie an ihrem eigenen Leben aktiv am mitwirken sind… oh je… da gucken dann die meisten Leute wirklich immer so, als ob sie jetzt eigentlich grad lieber woanders wären. Im Prinzip sind wir uns manchmal die erste halbe Stunde gar nicht sicher, ob alle ein Gehirn haben. Völlig blanke, abgeschaltetes Denkkraftwerke. Und das halt mit dem passenden Gesichtsausdruck.
Da merk ich dann diese kleine Grenze in mir, die mich mit wild pochendem Herzen dazu einlädt, die Mundwinkel in den Gesichtern vor mir auch mal nach oben zu zaubern. Und dann… geht’s los. Ich nehm meinen ganzen Mut zusammen und erzähl ihnen ein paar Stunden lang von der Kraft der eignen Gedanken… im Prinzip will ich ihnen sagen, dass ich sie sehe und sie fürchterlich finde, weil sie nicht lächeln. Das kann ich aber natürlich nicht so direkt sagen. Dann würd ich mein Ziel nicht erreichen: Dass sie wenigstens ein wenig schmunzeln, wenn sie nach unserem Auftritt ihren Urlaub weiter erleben…
Also muss ich mir was anderes überlegen, was ich ihnen vorbete… und das gelingt mir nur, wenn ich daran glaube, dass ich es schaffen kann. Ich muss in mir über die Grenze zum bunten Glitzern gehen. Ich muss es mir zutrauen. Immer und immer wieder.
Natürlich. Sich mehr zuzutrauen, als man glaubt, kann ganz schön unbequem sein. Es fühlt sich manchmal an wie ein Sprung in kaltes Wasser: aufregend, überraschend, und manchmal zuckt man auch mal kurz zusammen, bevor man merkt, dass es eigentlich wunderbar ist. Aber genau dieser Sprung trainiert etwas in uns, das so richtig gute Laune macht: unser Selbstvertrauen.
Neurowissenschaftlich gesehen aktiviert unser Gehirn beim Meistern von Herausforderungen Belohnungs- und Glücksareale. Ich hab hier schon oft Dopamin und Serotonin erwähnt: Kleine Aufbaumännchen, die uns für jeden Schritt anfeuern, den wir wagen. Sie sind dafür da, dass wir jedes Mal, wenn wir etwas schaffen, von dem wir vorher dachten, es sei zu viel, unser Gehirn diese Erfahrung abspeichert. Es merkt sich: „Aber hallo, wir können mehr, als wir glauben.“
Fang klein an. Manchmal reicht schon ein Mini-Schritt. Als Einstieg sozusagen. Heute vielleicht ein kleines „Ich probiere es trotzdem“ oder „Ich versuche mal die längere Strecke, auch wenn ich mir nicht sicher bin“. Und morgen dann eine noch etwas längere. Und dann, ehe man sich versieht, hat man plötzlich die eigene Schaffenskala ein Stück nach oben verschoben. Und man steht auf einer Bühne und erfreut sich an Kartoffelkläusen, die plötzlich lachen.
Wie ein winziger Muskel, der beim Training stärker wird, wächst auch unser Vertrauen in das, was wir möglich machen können.
Also: Probier das doch heute einfach mal. Ich schick dir ein „Ja, du darfst dich trauen“ mitten in den Tag. Wenn heute eine Situation auf dich zu kommt, wo du merkst… hmmmm… neeeeee… ich trau mich nicht, dann denk an mich und wie ich auf dich zu spring und leise sag: „Komm, probier’s mal, du kannst mehr, als du denkst!“
Und dann pass auf: Dein Gehirn jubelt heimlich, die kleinen Aufbaumännchen sind da, und du merkst: Ach, stimmt ja, ich schaffe das.
Trau dich. Einfach ein kleines bisschen mehr, als du dir bisher zutraust. Und vergiss nicht: selbst die größten Dinge beginnen mit einem kleinen Schritt.
Bis zum nächsten Mal.
Ich drück dich,
Deine Jeanine
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Und probier es trotzdem!
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